Andalusien

Alhambra

Alhambra (vom Mirador San Nicolas aus gesehen)
Alhambra (vom Mirador San Nicolas aus gesehen)

Heute steht der Besuch der Alhambra an. Wir machen uns auf den Weg vom Hotel zur Kathedrale, von wo aus der Bus der Linie 30 uns bis zum Haupteingang der Festungsanlage bringen soll. Die Entscheidung, den Weg mit dem Bus zurückzulegen, erweist sich als kräfteschonend, denn schon die Busroute weist erhebliche Steigungen auf. Am Haupteingang haben sich schon in den frühen Morgenstunden lange Schlangen gebildet, und wir sind froh, dass mit unseren am Vortag beim Tourismusbüro abgeholten Eintrittskarten ein unmittelbarer Zutritt zu der Palastanlage, die seit 1984 als Weltkulturerbe gilt, möglich ist.

Generalife
Generalife

Zuerst geht es in die Gärten des Generalife, dem Sommerpalast und Landsitz der Nasridendynastie. Durch eine Baumallee, vorbei an dem Halbrund eines Auditoriums, geht es in die mit scharfkantig beschnittenen Hecken versehenen Gartenanlagen. Der Blick auf den Patio de la Acequia ist ein gutes Beispiel für einen mittelalterlichen Garten mit Wasserkanal, Springbrunnen, Blumenbeeten und Hecken, eingerahmt von Säulengängen und Arkaden. Ein Kuriosum ist die Escaleria del Agua, eine Treppe mit Wasserkanälen, die sich in den Handläufen befinden.

Die roten Mauern der Alhambra
Die roten Mauern der Alhambra

Durch ein Tor gelangen wir in das Innere der befestigten Burganlage mit den drei wesentlichen Abschnitten: der Medina, den Palästen der Nasriden und der Alcazaba (Zitadelle). In der Medina befinden sich heute Gartenanlagen und die Fundamente von Werkstätten und Wohnhäusern, eine Kirche und ein dem heiligen Franz von Assisi geweihtes Kloster (heute ein PARADOR Hotel). Die Nasridenpaläste (Palacio Real) sind das Hauptziel der vielen tausend Touristen, die täglich auf Einlass warten und eine Kontingentierung des Zugangs erforderlich machen. Ein Besuch der Festung Alcazaba lohnt sich allein schon wegen des unvergesslichen Ausblicks auf die Stadt und das Umland vom 26 Meter hohem Torre de la Vela.

Der Einlass in den Palacio Real ist auf 13.30 Uhr festgelegt. Schon eine halbe Stunde vorher bildet sich eine lange Menschenkette, die vor dem Palacio Carlos V., ein im 16. Jahrhundert errichtetes quadratisches Bauwerk der Hochrennaissance mit kreisrundem Innenhof, Aufstellung nimmt. Das zweistöckige Gebäude mit seinen umlaufenden Säulengalerien erinnert mehr an eine Stierkampfarena als an einen Königspalast. Heute beherbergt der erst im 20. Jahrhundert fertiggestellte Bau das Museo de la Alhambra sowie das Museo de Bellas Artes. Inzwischen hat sich die Menschenschlange in Bewegung gesetzt und nach gewissenhafter doppelter Kontrolle der Eintrittskarten dürfen wir das „achte Weltwunder“ bestaunen.

Boden- und Wandmosaik im Mexuar
Boden- und Wandmosaik im Mexuar

In den ersten Räumen beeindrucken die zahlreichen Mosaike mit den farbigen Azulejo-Kacheln. Es findet sich sowohl eine streng geometrische Formensprache als auch die Darstellung von Flecht- und Rankenwerk in immer neuen Variationen. Da aus religiösen Gründen die Darstellung von Menschen und Tieren im Islam verboten war (Bilderverbot), beschränkt sich die Wandgestaltung auf filigrane Stuck- und Holzarbeiten. Die in sich verschlungenen Wandornamente weisen nicht selten arabische Schriftzeichen oder sich gabelnde Ranken, Blüten oder Blätter auf (Arabesken). Alle Schmuckelemente wirken harmonisch und aufeinander abgestimmt.

Der gesamte Komplex des Palacio Real lässt sich in drei verschiedene Bereiche aufteilen. In einem ersten Bereich, dem Mexuar, fanden Gerichtsverhandlungen und öffentliche Versammlungen statt. Der Myrtenhof (Patio de los Arrajanes) ist das Herzstück der Anlage und führt durch den Barkesaal (Sala de Barca) zum Saal der Gesandten (Sala de los Embajadores). Hier empfing der Herrscher auf seinem Thron sitzend die Botschafter und Gesandten. Die Ausstattung dieses Raumes ist besonders prächtig: Wandarabesken in unzähligen Mustern und Suren aus dem Koran, eine Deckenkuppel aus Zedernholz bestehend aus 8000 einzelnen Holzteilchen. Der dritte Bereich der Alhambra, der Harem, war als Privatbereich nur dem Herrscher, seinen Frauen, Konkubinen und Kindern zugänglich. Mittelpunkt des Harems war der von Arkaden umsäumte Innenhof mit den zwölf wasserspeienden Löwen.

Löwenbrunnen
Löwenbrunnen

Über den Löwenhof (Patio de los Leones) schreibt der amerikanische Schriftsteller Washington Irving:

Wie in allen Teilen des Palastes zeigt auch hier die Architektur eher ausgesuchte Feinheit und exquisite Eleganz als bauliche Erhabenheit und Größe. Sie verrät einen zarten, anmutigen Geschmack, der den Neigungen der Bewohner zu besinnlichem Genuss und Vergnügen Rechnung trug.

Löwenhof
Löwenhof

 

Drei besonders ausgestattete Räume müssen noch erwähnt werden: der nördlich des Löwenhofes gelegene Saal der zwei Schwestern (Sala de las Dos Hermanas), der südlich gelegene Abencerrajes-Saal (Sala de los Abencerrajes) und der Saal der Könige (Sala de los Reyes) östlich des Patios. Im Saal der zwei Schwestern bildet die überirdische Kuppel, nach Baedecker die größte aller arabischen Stalaktitenwölbungen, einen 16-zackigen Stern. Der Abencerrajes-Saal verfügt über einen Marmorbrunnen, in dem sich die sternförmige Honigwabendecke widerspiegelt. Hier sollen 36 Angehörige der Abencerrajes-Dynastie blutig niedergemetzelt worden sein, wovon rostfarbene Flecken am Brunnenrand und auf den Bodenfliesen heute noch Zeugnis ablegen. Im östlich vom Löwenhof gelegenen Saal der Könige war das Schlafgemach des Sultans, hier sind das Bilderverbot des Islams umgehend auf einem Deckengemälde Personen dargestellt, bei denen es sich um Nasridenherrscher handeln soll.

Arabesken und arabische Schriftzeichen im Mirador de Daraxa
Arabesken und arabische Schriftzeichen im Mirador de Daraxa

Vom Saal der zwei Schwestern aus gelangt man in den Sala de los Aijimeces. Der kleine Erker in diesem Raum ist als Aussichtspunkt der Sultanin (Mirador de Daraxa) bekannt. Heute blickt man von hier aus in einen kleinen Hof (Jardin de Daraxa), da die späteren Anbauten von Karl V. die ursprüngliche Aussicht versperren. In diesen nicht öffentlich zugänglichen Wohnräumen verfasste der Schriftsteller Washington Irving 1829 seine „Erzählungen von der Alhambra“. Über abwärts führende Treppen geht es in den Zypressenhof (Patio de los Cipreses), von wo aus man einen Blick in die königlichen Bäder (Baños Reales) werfen kann. Durch die Gärten der Alhambra (Jardines de Partal) mit Blick auf den Palacio de las Damas verlassen wir nahezu überwältigt von Fülle und Einzigartigkeit der Eindrücke das Palastgelände.

Die königlichen Bäder
Die königlichen Bäder

Die siebenhundertjährige Geschichte der Araber in Spanien endete mit der Vertreibung der Nasriden aus Granada im Jahre 1492. Mit dem endgültigem Sieg der Reconquista begann ein Zeitalter der Intoleranz, der Verfolgung und Vertreibung bis hin zu den Auswüchsen der Inquisition. Die unter der Herrschaft der Mauren gelebte „Convivencia“, dem friedlichen Zusammenleben von Muslimen, Christen und Juden wurde mit dem Vertreibungsedikt (Alhambra-Edikt) der spanischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand II. von Aragon ein Ende gesetzt. Dieses Edikt wurde erst im Jahre 1992 durch den spanischen König Juan Carlos I. aufgehoben.

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Geschrieben am 23. Mai 2014, vor 10 Jahren

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