Kambodscha
Reisebericht
Archäologische Stätten im Gebiet von Angkor
Einer der Vorteile einer organisierten Gruppenreise liegt unbestreitbar in der ständigen Verfügbarkeit über einen klimatisierten Reisebus, der bequem und zielsicher die ausgewählten Zielpunkte ansteuert und bis zur Abfahrt die nicht benötigten Teile des Tagesgepäcks sicher aufbewahrt. Vor allem beim Besuch des Archäologischen Parks in Angkor (Kambodscha) wussten wir diese Bequemlichkeit zu schätzen, da im Verlaufe des Tages unterschiedliche Tempelanlagen und Sehenswürdigkeiten angesteuert wurden. Für die dreitägige Erkundung der Tempelanlagen hatten wir für 40 US Dollar ein Ticket erworben, das mit einem vor Ort gemachten Passbild den Zugang zu den einzelnen Tempeln ermöglichte.
Der erste Tag steht ganz im Zeichen von Angkor Wat, dem größten sakralen Bauwerk der Welt. Der auf drei Ebenen geschichtete Tempelberg im Zentrum der Anlage ist von einem Wassergraben mit einer Länge von 1300 x 1500 Metern umgeben. Der fünf Türme (Prasat) des Tempels sind der Form von Lotusblüten nachempfunden und bilden einen Quincunx, einer Anordnung, die der Verteilung der fünf Punkte auf einem Würfel entspricht. Der höchste der Türme misst 65 Meter.
Die einzelnen Sandsteinblöcke wurden auf Flößen herbeigeschafft und so kunstvoll bearbeitet, dass Fugen kaum zu erkennen sind. Die Basreliefs der oberen Galerien sind mit mythologischen und historischen Darstellungen versehen, unter anderem mit der Darstellung der Schöpfungsgeschichte vom „Quirlen des Milchozeans“.
Überall finden sich Reliefs der Apsaras, der Tempeltänzerinnen, die in der hinduistischen Mythologie als Geister der Wolken und Gewässer, aber auch als Lehrmeisterinnen des Tanzes gelten.
Nur einen Kilometer nördlich von Angkor Wat liegt Angkor Thom, die „Große Hauptstadt“ des Khmer-Reiches, um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert als neue Hauptstadt von Jayavarmann VII errichtet. Angkor Thom ist eine Ansammlung verschiedener Tempelanlagen, von denen Bayon, Baphuon, die Elefantenterasse und die Terasse des Leprakönigs die bekanntesten sind. Außerdem befanden sich in dem befestigten Areal der Stadt Wohnstätten für Bedienstete, Priester und Verwaltungsbeamte, allesamt aus Holz errichtet und dem Verfall anheim gegeben.
Wir betreten Angkor Thom durch das Südtor, eines der fünf riesigen Eingangstore, und bewundern die steinernen mild lächelnden Götter auf der einen Seite und die fratzenhaft grinsenden Dämonen auf der anderen Seite der über einen Graben führenden Zufahrtsstraße. Der Wassergraben ist rund 100 Meter breit und umgibt das quadratische Areal ebenso wie die acht Meter hohe Stadtmauer.
Der Bayon Tempel wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert und zeigt sich den Besuchern heute als labyrinthisch organisiertes Gebäude. Auf den meisten der erhaltenen oder wiedererrichteten Türme sind vier Gesichter zu sehen, überlebensgroß und in verschiedene Himmelsrichtungen blickend.
Der Baphuon ist eine weitgehend rekonstruierte Tempelanlage ebenfalls aus Sandstein, die man vom östlichen Tor aus über einen steinernen Steg erreicht. An der Westseite ist das 70 Meter lange Flachrelief eines liegenden Buddha auszumachen, das im 15. Jahrhundert hinzugefügt wurde.
Die Elefantenterasse wurde von Jayavarman VII Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut und diente dem Herrscher als Tribüne mit Blick auf den großen Platz, wo Triumphzüge und Wettkämpfe veranstaltet wurden. Die Terrasse ist mit den Reliefs und Skulpturen überlebensgroßer Elefanten geschmückt, aber auch Fabelwesen und mythologische Figuren sind zu sehen. Die angrenzende Terrasse des Leprakönigs erhielt ihren einprägsamen Namen von dem Volksglauben, dass die dort beheimatete Statue den an Lepra verstorbenen Gründer von Angkor, König Yasovarman, darstellt. Das Original der Statue ist heute im Museum in Phnom Pen ausgestellt und zeigt nach neueren Erkenntnissen den Totengott Yama.
Der wohl bekannteste Tempel neben Angkor Wat ist der Dschungeltempel Ta Phrom. Wie im Bayon Tempel schmücken überdimensionierte Gesichter die steinernen Türme. Absichtlich wurde hier eine Tempelanlage dem Verfall anheim gegeben, nur Gefahrenquellen wurden zum Schutz der Besucher gesichert oder entfernt. So kommt es, dass heute Würgefeigen Steine und Mauern umschließen und ganze Gebäudeteile von Wurzeln überwachsen sind. Das Ensemble stellt eine hervorragende Kulisse für Abenteuerfilme dar und jeder denkt an Angelina Jolie, die hier als Lara Croft in dem Film Tomb Raider agierte.
Zwischen dem westlichen und dem östlichen Baray liegt in nördlicher Richtung das inzwischen ausgetrocknete nördliche Staubecken. Das Becken ist nur noch auf Luftaufnahmen gut zu erkennen.
Hier erhebt sich inmitten eines Teiches der von einem Tempelturm gekrönte steinerne Berg Neak Pean. Das im Wasser stehende steinerne Pferd ist eine Inkarnation von Lokeshvara, dem Herrscher der Welt, das in Not geratenen Seeleuten in Gestalt eines Pferdes Hilfe gewährt.
Der Tempel Ta Som ist eher eine kleinere Tempelanlage und ähnelt in seiner Bauweise dem Dschungeltempel Ta Phrom. Auch hier hat sich die Vegetation ausgebreitet und besonders der östliche Gopuram (Tempeltor) ist von den Wurzeln der Würgefeige eingeschlossen. Die von einem breiten Wassergaben umgebende Außenmauer ist von zwei Tempeltoren durchbrochen, eine zweite Umfassungsmauer befindet sich in der Tempelanlage. Der zentrale Tempelturm, umgeben von einer Galerie, ist nur noch als Ruine erhalten.
Rund 60 km von Siem Reap entfernt liegen die Tempel der Roluos-Gruppe, die wir am dritten Tag besichtigen. Diese Tempel wurden in der von Yayavarmann II in der im 9. Jahrhundert gegründeten Hauptstadt Hariharalaya von König Indravarman I erbaut und stellen die ersten steinernen Zeugnisse der Khmer-Kultur dar, die 300 Jahre später in Angkor Wat ihren Höhepunkt finden sollte.
Der Bakong ist der größte der der drei Tempel der Roluos-Gruppe und besteht aus fünf sich nach oben verjüngenden Terrassen. An den Ecken der Terassen stehen steinere Elefanten, die vier Aufgänge zieren Löwenskulpturen. Die Spitze der Pyramide wird von einem 15 Meter hohen Turm gekrönt. Von den acht Ziegeltürmen, die den Tempelberg einst umsäumten, sind nur noch fünf erhalten. Lebten damals auf dem Gelände zwischen dem äußeren und dem inneren Wassergraben mehrere tausend Menschen, so verrichten heute wenige buddhistische Mönche ihre Gebete in einer kleinen Pagode und betreiben eine Schule auf dem Gelände.
Preah Ko besteht aus zwei hintereinander stehenden Dreierreihen von Ziegeltürmen, die von Indravarman I zum Gedenken an seine Ahnen errichtet wurden. Nur wenige Kalkstuckverzierungen sind erhalten, in den Nischen neben den Eingängen sind die Statuen verschiedener Gottheiten zu bewundern. Außerdem taucht über den Portalen der Löwenkopf des Monsters Kala mit seinen hervorquellenden Augen auf.
Lolei liegt mit seinem zweistufigen Fundament, auf dem vier Ziegeltürme errichtet sind, auf einer Insel mitten im inzwischen ausgetrockneten Lolei-Baray, einem antiken Wasserreservoir von 4000 x 800 Meter. Der Lolei-Baray diente zur Versorgung der ehemaligen Hauptstadt Hariharalaya mit Wasser. Heute wird der Baray zur Kultivierung von Reisfeldern genutzt.
Die Zitadelle der Frauen, Banteay Srei, der letzte und wohl auch schönste Tempel unserer Rundtour, liegt 21 km nordöstlich von Angkor Wat und ist Ende des 10. Jahrhunderts errichtet worden. Ein rötlicher Sandstein mit feiner Struktur diente den Steinmetzen als Ausgangsmaterial für die Darstellung selbst kleinster Details und Miniaturen von Devatas und Tempelwächtern, Seeungeheuern und Schlangen. Der französische Schriftsteller und spätere Kulturminister André Malraux wurde 1923 des Diebstahls von sieben Basreliefs aus dem Tempel Bantey Srei bezichtigt und zu mehrjähriger Haft in Phnom Pen verurteilt, die Strafe wurde jedoch nach Intervention einflussreicher Freunde auf Bewährung ausgesetzt.
Flickr Galerie Kambodscha
Geschrieben am 15. Mai 2015, vor 10 Jahren
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