Vietnam

Reisebericht Vietnam

In und um Ho Chi Minh City

Nach wie immer quälenden zwölf Flugstunden landen wir gegen sechs Uhr morgens auf dem Tan Son Nhat International Airport (Ho Chi Minh City Airport) in Saigon. Die acht Millionen Metropole empfängt uns mit hochsommerlichen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit, so dass erst einmal ein Kleidungswechsel ansteht. Die ersten Dongs werden vor dem Flughafengebäude eingetauscht, dann geht es mit dem Bus in das nur 6 Kilometer entfernte Stadtzentrum von HCM City. Saigon wurde nach der Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam 1976 offiziell in Ho Chi Minh City umbenannt, der Name Saigon bezieht sich im engeren Sinne daher nur noch auf den 1. Quan (Stadtbezirk) der Stadt. Die Stadtbezirke sind vom 1. bis zum 12. Quan durchnummeriert, die übrigen Stadtbezirke und umgebenden Landkreise tragen Namen.

Hôtel de Ville
Hôtel de Ville

Da das Hotel erst am frühen Nachmittag bezogen werden kann, steht eine erste Stadtrundfahrt auf dem Programm. Zunächst geht es zum früheren Rathaus von Saigon, dem „Hôtel de Ville“, ein im französischen Kolonialstil errichtetes Gebäude, in dem heute das Volkskomitee von HCMC tagt. Auf der Dong Khoi, während der französischen Kolonialzeit als Rue Catinat bekannt, finden sich Markenartikel, Modehäuser und Restaurants zwischen aufwendig restaurierten Kolonialgebäuden.

Alte Oper
Alte Oper

Die Alte Oper präsentiert sich heute als Saigon Concert Hall und vor dem nostalgischen Central Post Office, dessen eiserne Deckenkonstruktion Gustav Eiffel konstruierte, suchen junge Vietnamesen mit den zahlreichen Touristen Kontakt aufzunehmen oder sich ablichten zu lassen. Die gegenüberliegende Kathedrale Notre Dame wurde Ende des 19. Jahrhunderts aus rötlichem Backstein errichtet und bildet mit der davorstehenden Marienstatue ein beliebtes Fotomotiv.

Central Post Office
Central Post Office
Ben Thanh Market
Ben Thanh Market

Als nächstes steht der quirlige Ben Thanh Markt auf dem Programm. Schon von weitem ist der quadratische Turm mit der riesigen Uhr zu erkennen. Die vier Haupteingänge sind mit unterschiedlichen Tierzeichen markiert, so dass in dem Gewirr von Menschen und Motorrollern eine Orientierung erleichtert wird. Es heißt, das Sie etwas, was sie in der Markthalle nicht finden, auch in ganz Saigon nicht finden werden. Wenn die Markthalle um 18.00 Uhr schließt, werden die Verkaufsaktivitäten nach außen verlagert und der Ben Thanh Night Market mit seinen zahlreichen kulinarischen Köstlichkeiten lädt zum Stöbern und Probieren ein. Für eine erste Pho-Suppe haben wir uns im Pho 2000 niedergelassen, ein mehrstöckiges Lokal gegenüber dem Markt, in dem bereits Bill Clinton die mit Rindfleisch und frischen Kräutern zubereitete Nudelsuppe gelöffelt hat.

Thien Hau Tempel

Im Stadtbezirk Cholon, dem Chinatown Saigons, begutachten wir auf dem Medizin-Markt die angebotenen Kräuter und Heilmittel, die in riesigen Säcken am Straßenrand oder in kleinen verwinkelten Läden ausgestellt sind. Uns wird glaubhaft versichert, dass der Einsatz dieser Medizin von den einheimischen Ärzten verordnet wird. Ebenfalls in Chinatown ist der Thien Hau Tempel beheimatet, der durch die bemerkenswerten Porzellanfiguren auf dem Dach und die exponierten Räucherspiralen eine magische Anziehungskraft ausübt. Die im Stil eines Dioramas aufgereihten Figuren stellen Szenen einer chinesischen Stadt im 19. Jahrhundert dar.

Schulklassen vor dem Wiedervereinigungspalast
Schulklassen vor dem Wiedervereinigungspalast

Der nächste Tag ist ganz der jüngeren vietnamesischen Geschichte, insbesondere dem Vietnamkrieg , gewidmet. Sichtbares Zeichen der Beendigung dieses schrecklichen Krieges ist die Eroberung des Unabhängigkeitspalastes, der Residenz des südvietnamesischen Präsidenten, durch Truppen der Vietnamesischen Volksarmee am 30. April 1975. Noch im gleichen Jahr wurde der Palast von der provisorischen Revolutionsregierung in Wiedervereinigungspalast umbenannt. Heute lassen sich einige der im Stil der 60er Jahre errichteten Räumlichkeiten des vierstöckigen Palastes besichtigen. Vor allem Schulklassen und Touristen schlendern durch prunkvollen Räumlichkeiten oder durchstreifen die langen Gänge des Luftschutzbunkers im Untergeschoss mit den sichtbaren Relikten nachrichtendienstlicher oder geheimpolizeilicher Tätigkeit.

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Amerikanisches Kriegsgerät vor dem War Remnants Museum

Im War Remnants Museum wird die ganze Brutalität und Menschenverachtung des „American War“, wie der Vietnamkrieg hier genannt wird, dem Besucher durch ausgewählte Exponate, vor allem durch Schaubilder und Fotodokumente, aber auch durch die Dokumentation der Spätfolgen massiver Bombardierungen und des Einsatzes chemischer Waffen (Agent Orange), vor Augen geführt. Von besonderer Grausamkeit zeugen die Nachbauten der „Tigerkäfige“ auf der Insel Côn So’n, wo Gefangene im Auftrag der südvietnamesischen Regierung systematisch gequält und gefoltert wurden.

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Am nächsten Morgen geht es nach der Besichtigung der Tunnelanlage von Cu Chi gleich weiter nach Tay Ninh, dem Zentrum der Cao Dai Sekte in Vietnam. Kristallisationspunkt und Heiligtum der Caodaisten ist der alles überragende Tempel der Sekte (140 Meter lang und 40 Meter breit), der den Synkretismus dieser Religion als Mischung aus Buddhismus, Konfuzianismus, Katholizismus und Taoismus in seiner architektonischen Gestaltung widerspiegelt. Äußerlich einer Barockkirche ähnlich, vereinigt der 1937 nach zehn Jahren Bauzeit vollendete Tempel Stilelemente katholischer Kathedralen mit der kitschigen Farbigkeit buddhistischer Pagoden und der Unbekümmertheit in der Verwendung mythologischer Figuren und Symbole. Als Schmuckelemente dienen Drachen, Schlangen, Schildkröten und Einhörner, die Weisheit, Langlebigkeit, Frieden und Wohlstand symbolisieren. Sinnbild der Sekte ist das himmlische Auge, das allwissend über dem Altar thront.

Cao Dai Tempel in Tay Ninh
Cao Dai Tempel in Tay Ninh

Besuchern ist es erlaubt, dem Gottesdienst vom Balkon aus beizuwohnen, wohl in der Erwartung einer großzügigen Spende. Auf diese Weise kommen wir in den Genuss eines mit Musik- und Gesangseinlagen durchsetzten Gottesdienstes, den weiß- und farbig (gelb, blau und rot) gewandete Sektenmitglieder zumeist kniend und betend auf dem Kachelboden absolvieren. Beeindruckend ist die Andacht und Konzentration, mit der die Gebete verrichtet werden und selbst auf dem Balkon mit den zahlreichen fotografierenden Touristen bleiben die weißgewandeten Novizen gefasst und nach innen gekehrt. Tag und Nacht alle sechs Stunden finden Gottesdienste statt, den Rest des Zeit arbeiten und leben die Mitglieder auf dem weiträumigen Gelände der Sekte. Als drittgrößte Religionsgemeinschaft hat der Caodaismus heute ca. zwei Millionen Mitglieder in Vietnam, nach langen Jahren des Verbots und der Verfolgung sind seit 1990 die Kirchen des Cao Dai wieder geöffnet.

Blick vom Bitexco Financial Tower
Blick vom Bitexco Financial Tower

Als Zeugnis der Schaffenskraft und des Fortschritts für das moderne Vietnam steht der 262 Meter hohe Bitexco Financal Tower, ein gigantisches Bauwerk aus Stahl und Beton, dessen Formgebung von der Lotusblume inspiriert wurde. Auf der 49. Etage dieses insgesamt 68. Stockwerke hohen Gebäudes gibt es von einer verglasten Aussichtsplattform aus (Saigon Skydeck) einen atemberaubenden Rundumblick auf das Gewirr von Häusern und Straßen beiderseits der Ufer des Saigon River. In den unteren Etagen des Turmes befindet sich ein mehrstöckiges Einkaufszentrum mit exklusiven Geschäften, Restaurants und Sport- und Freizeitangeboten für zahlungskräftige Kunden. Das Angebot hier steht preislich in krassem Gegensatz zu den Waren und Dienstleistungen der Geschäfte und Restaurants in den umliegenden Straßenzügen.

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Nächtlicher Blick auf die Skyline von Saigon (rechts oben der Bitexco Tower)



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Geschrieben am 8. Mai 2015, vor 9 Jahren

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