Die Rarität geht an die Börse

Raritätenbörse Zeche Carl

In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gab es Menschen, die zeitweise oder auch über Jahre hinweg an sich wertlose Gegenstände wie Ansichtskarten, Bierdeckel oder Zündholzschachteln zuzsammentrugen und zu Sammlungen ausbauten. Die mühsam erworbenen Sammlerstücke wurden in Vitrinen verwahrt, in Partykellern präsentiert oder in seltenen Fällen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Sammelleidenschaft war auf wenige Produkte beschränkt; meistens waren es Briefmarken, die von Kindern und Jugendlichen in Alben gehortet und getauscht und später von Erwachsenen auch gehandelt und verkauft wurden.

Inzwischen sind viele Jahrzehnte ins Land gegangen und wir haben in nahezu allen Lebensbereichen Veränderungen erlebt. Fast jedes neue Jahrzehnt konnte mit neuen Moden, innovativer Musik und bahnbrechenden technischen Errungenschaften aufwarten. Die Halbwertszeit der Produkte war gering, was heute noch aktuell war, wurde morgen schon als Ladenüter angesehen. Objekte, die nicht mehr dem Zeitgeist entsprachen, landeten auf dem Speicher oder wurden kurzerhand auf der Deponie entsorgt. Der Begriff von der Wegwerfgesellschaft machte die Runde, Müllentsorgung wurde zum Problem.

Erst mit dem allmählichen Verschwinden gelebter Alltagskulturen und Lebenswelten  setzte eine Wertschätzung der Produkte ein, die allenfalls auf Trödel- und Flohmärkten eine Daseinsberechtigung hatten. Durch die natürliche Verknappung des Angebotes können Händler heute lukrative Gewinne einfahren, indem sie auf speziellen Sammlerbörsen oder im Internet die wehmütigen Erinnerungen der Nostalgiker an die gute alte Zeit bedienen. Dazu kommt eine inflationäre Ausweitung der Sammelgebiete. Alles, was nur andeutungsweise antik oder historisch daherkommt, kann Ausgangspunkt einer exzesssiven Sammelleidenschaft werden.

Raucher-Nostalgie

Am Pfingstmontag fand auf dem Gelände der Zeche Carl in Essen die 6. Raritätenbörse Ruhrgebiet statt, auf der Sammler und Interessenten wieder nach Unikaten Ausschau halten konnten. Über achtzig Händler aus dem In- und Ausland boten (kunst)gewerbliche und technische Gerätschaften vorwiegend aus den fünfziger und siebziger Jahren an, außerdem die als Sammelobjekte beliebten Emailleschilder, historisches Spielzeug und Design und Kitsch in allen Spielarten.

 

Geschrieben am 17. Juni 2011, vor 13 Jahren

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