Knutschkugel, Leukoplastbomber und Schneewittchensarg
Mit diesen nicht unbedingt abwertend gemeinten Bezeichnungen wurden in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts im Volksmund die Neuschöpfungen der deutschen Automobilindustrie belegt. Heute lassen sich diese Nachkriegsautomobile in Museen oder bei Oldtimer-Treffen bestaunen. Auch auf vergilbten Fotos im Familienalbum habe ich Fahrzeuge entdeckt, die ihren Besitzern in den Jahren des Wiederaufbaus Freude und vor allem Mobilität bescherten.
Die erste Neuentwicklung der deutschen Automobilindustrie nach dem 2. Weltkrieg war der Borgward Hansa 1500, der ab Oktober 1949 in Bremen serienmäßig vom Band lief. Die Mittelklasse-Limousine hatte erstmals Blinkleuchten statt der bis dahin üblichen Winker und verfügte dank der neuentwickelten Pontonkarosserie über einen sehr geräumigen Innenraum. 1954 erschien dann der optisch gefälligere Borgward Isabella, der sich sehr erfolgreich bis zu Beginn der 60er Jahre verkaufte.
Borgward Lloyd von Softeis [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Der ab 1950 gebaute Borgward Lloyd war für vier Personen ausgelegt und erreichte mit einem 300-ccm-Zweitaktmotor eine Spitzengeschwindigkeit von 75 km/h. Die Karosserie bestand aus einem Hartholzrahmen mit Sperrholzplanken, die mit Kunstleder überzogen waren. Dieser als Leukoplast-Bomber bezeichnete Kleinwagen bekam 1955 einen 600-ccm-Viertaktmotor und brachte es nach VW und Opel auf Platz drei der deutschen Zulassungsstatistik.
Auch das Goggomobil war viersitzig ausgelegt und verfügte über einen 2-Zylinder Zweitaktmotor. Es erfreute sich großer Beliebtheit, nicht zuletzt weil es mit einem Motorradführerschein gefahren werden durfte. Die Messerschmitt Kabinenroller sind eine Weiterentwicklung der in Rosenheim produzierten Fend Flitzer (nach dem deutschen Konstrukteur Fritz M. Fend). Die Serienfertigung des KR 175 begann 1953 im Messerschmitt-Werk Regensburg. Zum Einsteigen musste die Glaskanzel des dreirädrigen Karos wie bei einem Flugzeug zur Seite geklappt werden, dann konnten bis zu zwei Personen hintereinander in diesem seltsamen Gefährt Platz nehmen. Die vierrädrige Sportversion Tg 500 brachte es bereits auf 130 km/h.
Die als Knutschkugel bekannte BMW Isetta besaß an der Fronttür eine wegklappbare Lenksäule, so dass der Einstieg in das zweisitzige Coupé für die Passagiere besonders einfach war. Der luftgekühlte Einzylinder-Viertakt-Motor leistete in der ersten Version 12 PS bei einem Hubraum von 250 ccm.
Das Rollermobil verbrauchte dank des geringen Gewichtes von 350 kg nur 3,3 Liter pro 100 km. Die BMW-Isetta wurde von 1955 bis 1962 gebaut. Heute besitzt das Auto Kultstatus und steht in der Automobilgeschichte richtungsweisend da.
Geschrieben am 14. Februar 2012, vor 13 Jahren
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